Franziska Brantner führt die baden-württembergischen Grünen in den Bundestagswahlkampf. Die ehrgeizige
Kandidatin sucht neue Wege, auch über die Grenzen der Fraktionen hinweg.
Die Rolle der Stichwortgeberin behagt Franziska Brantner nicht. Beim Wahlkampfauftakt der Grünen in
Heidelberg steht sie zusammen mit Annalena Baerbock auf der Bühne und liest zunächst ein paar Fragen
aus dem Publikum an die Kanzlerkandidatin vor. Dann zieht die Spitzenkandidatin der Südwest-Grünen die
nächste Fragenkarte und erklärt mit einem freundlichen Lächeln, „das beantworte ich jetzt mal“.
Die zweite Reihe ist nicht der Platz für die Heidelbergerin. Beim Nominierungsparteitag der Südwest-Grünen
hat sich die ehrgeizige Politik- und Sozialwissenschaftlerin Brantner als Nummer eins auf der
baden-württembergischen Liste durchgesetzt gegen die Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger aus dem
linken Lager. Der deutliche Abstand hat nicht wenige Grüne überrascht. Sie werten den Sieg als Ausdruck
des großen Organisationstalents von Brantner. Schließlich gilt Brugger als ein Liebling der Südwest-Grünen.
Franziska Brantners Milieu ist das akademisch-großstädtische. Zur Reformfähigkeit der Vereinten Nationen
hat sie promoviert. Sie weist Studienabschlüsse aus Paris und New York vor.
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Mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat die 42-Jährige eine Tochter. Die alleinerziehende
Mutter zeichne sich durch einen messerscharfen Verstand und enorme Leistungsfähigkeit aus, das erkennen
auch diejenigen unter den Grünen an, auf die die frühere Europaabgeordnete eher kühl und distanziert wirkt.
Korrekt, freundlich, hochprofessionell, so hat sich die gebürtige Lörracherin an die Spitze der
baden-württembergischen Grünen gesetzt. 2009 zog sie ins europäische Parlament ein und wurde
außenpolitische Sprecherin der Fraktion Grüne/EFA. Als Nachfolgerin von Fritz Kuhn nominierten die
Heidelberger Grünen Brantner als Bundestagskandidatin, 2013 gab sie ihr Mandat im europäischen
Parlament ab und zog in den Bundestag ein.
In der zu Ende gehenden Legislaturperiode ist Brantner europapolitische Sprecherin und Parlamentarische
Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion. Sollten die Grünen an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein,
könnte ein Posten für die Heidelberger Abgeordnete drin sein, glauben etliche ihrer südwestdeutschen
Parteifreunde. „Ich arbeite fraktionsübergreifend“, beschreibt Brantner als ihre Stärke. Das hat sie in Brüssel
gelernt. „Wir müssen auch im Bundestag ganz anders arbeiten und uns von dem Schwarz-weiß-Denken
Regierung gegen Opposition verabschieden“, sagt sie im Gespräch.
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