In meiner Rede am 11.11.2021 habe ich deutlich gemacht: Die Lage der Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen ist unerträglich. Polen braucht europäische Solidarität. Die Menschen vor Ort humanitäre Hilfe. Menschen erfrieren und verhungern zu lassen darf nicht europäische Politik sein. Grenzschließungen spalten die EU und sind keine Lösung. Die EU muss Airlines und Reisebüros sanktionieren, die sich als Schleuser betätigen. Aber auch belarussische Unternehmen, um Lukaschenko und seine Machtclique zu treffen. Gegenüber Lukaschenkos Patron Putin brauchen wir eine neue Politik des Dialogs und der Härte. Wir stehen fest an der Seite des belarussischen Volkes.
Zur ganzen Rede geht es hier.
Hier die Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Lage der Menschen an der Grenze zwischen Polen und Belarus ist furchtbar. Ich finde sie unerträglich, und sie ist auf jeden Fall inakzeptabel.
Deswegen, Herr Frei, werde ich sie auch nicht für offensichtliche Scharmützel benutzen. – Mein Kollege Julian Pahlke und meine Kollegin Merle Spellerberg waren auch dort, Herr Kleinwächter. Das ist eine sehr schwierige Situation für Polen und unsere baltischen Partner. Lassen Sie mich deswegen ganz klar sagen: Wir werden Polen, wir werden unsere baltischen Partner nicht alleinlassen in dieser schwierigen Zeit.
Europäische Solidarität bedeutet Hilfe für Polen: humanitäre Hilfe, Hilfe bei den Kontrollen, der Registrierung und Versorgung, bei der Aufnahme. Ich hoffe, dass die polnische Regierung die europäischen Unterstützungsangebote doch noch annehmen wird und dass die geschäftsführende Regierung darauf drängt, dass Ärztinnen und Ärzte, Hilfsorganisationen und Journalistinnen und Journalisten endlich wieder Zugang zu dem Grenzgebiet haben; denn Menschen, Kinder dort erfrieren und verhungern zu lassen, das darf keine europäische Politik sein.
Wir sind anders als Lukaschenko, und das müssen wir auch bleiben. Das wird sich genau im Umgang mit dieser Krise zeigen. Wir werden unsere Grenze zu Polen nicht schließen; denn wir lassen uns nicht spalten. Die CDU/CSU hat in ihrem Antrag Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze gefordert. Ich finde das kontraproduktiv; denn es bestraft die Falschen. Es bestraft jene Menschen aus Polen und Deutschland, die sich für ein europäisches Leben über die Grenzen hinweg entschieden haben.
Sie spielen damit jenen in die Hände, die die EU destabilisieren wollen, nämlich Lukaschenko und Putin. Diese tragen die Verantwortung für das humanitäre Desaster, was wir dort sehen. Lukaschenko instrumentalisiert Menschen, indem er sie aus Damaskus, Dubai, Istanbul oder Moskau einfliegt. Ja, er instrumentalisiert sie. Aber trotzdem sind diese Menschen keine Waffe, sie sind keine Verhandlungsmasse, sondern sie sind Menschen mit ihrer Würde.
Der Umgang mit diesen Menschen zeigt, was für ein unmenschliches Regime in Minsk herrscht. Deswegen muss die Priorität jetzt sein, alles zu tun, um dieses staatliche Schleusertum zu unterbinden. Ja, hier muss die Europäische Union geeint stehen. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Deswegen braucht es nächste Woche weitere Sanktionen – Herr Maas, Sie haben es erwähnt –: harte Sanktionen gegen das belarussische Regime und, ja, auch gegen die Wirtschaft, gegen die Kaliindustrie, gegen diese Wirtschaftszweige, die von uns sehr profitieren.
Die Weihnachtszeit ist ja auch eine beliebte Einkaufszeit in München oder anderen deutschen Städten, gerade für welche aus der Machtclique aus Belarus. Das muss doch nicht sein. Außerdem braucht es Konsequenzen für die Fluglinien, die Menschen aus dem Irak, aus Syrien oder anderen Ländern nach Belarus fliegen.
Herr Maas, Sie haben es angedeutet. Ich hoffe, dass wir da von der geschäftsführenden Regierung konkrete Schritte sehen werden. Es braucht Aufklärung vor Ort, um die Menschen vor den perfiden Lockangeboten Lukaschenkos zu warnen. Auch da hoffe ich, dass die geschäftsführende Regierung noch etwas auf den Weg bringt.
Aber vor allem gibt es einen, der das belarussische Regime noch am Leben hält und diesen perfiden Erpressungsversuch deckt: Wladimir Putin. Wir müssen hier eine neue Politik des Dialogs und der Härte voranbringen. Wir müssen unsere Verwundbarkeiten abbauen. Das geht nicht von heute auf morgen; das weiß ich sehr wohl. Aber das ist eine der großen Aufgaben der nächsten Regierung.
Lassen Sie mich zum Schluss bitte noch einmal betonen, wie bewundernswert ich es finde, was die Zivilgesellschaft in Polen, aber auch in Belarus gerade leistet. Viele Polinnen und Polen leisten vor Ort akute Nothilfe für die Geflüchteten. In Belarus kämpfen die Menschen weiterhin für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Stellvertretend dafür möchte ich Frau Tichanowskaja, die uns heute hier beehrt hat, danken. Ich möchte zusichern: Wir stehen an Ihrer Seite.